Ostwestfälisch- & Lippische Hanse

Brakel ein Stützpunkt im Fürstbistum Paderborn

Gesetzessammlung
Gesetzessammlung

Der im Nethegau gelegene Ort Brakel wurde erstmals um 836 in der "Translatio Sancti Viti" als "villa brechal" im Zusammenhang mit der Überführung der Gebeine des heiligen Vitus von St. Denis (aus der Basilika Saint-Denis nördlich von Paris) nach Corvey erwähnt.

Die ortsansässigen Herren von Brakel verliehen dem Ort 1223 Stadtrechte und richteten um Brakel unter dem Königsbann die Hochgerichtsbarkeit ein.

Sie waren Lehensherren für 26 ritterschaftliche Familien und hatten selbst die Stadt Brakel zu Lehen.

Ihr Besitz ging durch Erbfolge an das Geschlecht der Asseburger bzw. von Bocholtz über. 

 

Heinrich von Brakel Bischof von Paderborn

Heinrich von Brakel wurde 1223 in einer umstrittenen Wahl zum Bischof von Paderborn gewählt, konnte die Position auf Grund eines päpstlichen Schiedsspruchs von 1225 aber nicht halten. Nachfolger wurde Wilbrand von Oldenburg, der wegen seiner kriegerischen Begabung 1227 auch Bischof von Utrecht wurde und in langwierigen Kämpfen die aufständischen Bauern zu unterwerfen versuchte.

Für einige Jahre fehlen quellenmäßige Belege, was mit der umstrittenen Wahl Heinrich von Brakel zum Bischof zusammenhängen mag.

Stadtentwicklung

Pfarrkirche St. Michael
Pfarrkirche St. Michael

Nach dem Bau der Pfarrkirche St. Michael um 1160 entstand an zwei sich hier kreuzenden Handels- und Heerstraßen eine Siedlung. Die Bevölkerung der benachbarten Dörfer Ostheim, Sudheim. Modexen, Flechten und Sepeke zog in die Stadt. 1289 kaufte Bischof Otto von Paderborn ein Sechstel der Herrschaft über die Stadt, 1316 ein weiteres Sechstel.

Der Aufbau des Paderborner Territoriums hatte im 13. Jahrhundert große finanzielle Mittel verschlungen. Um diese aufzubringen, verpfändeten die Paderborner Fürstbischöfe ihre Münzstätten unter anderem an Brakel.

Bischof Otto übereignet 1289 der Stadt die Stadtburg der Edelherren zu Brakel (Am Thy). Bischof Bernhard von Paderborn kauft 1323 das zweite Drittel der Herrschaft.

 

1383 wurde im Osten der "Altstadt" die tieferliegende "Neustadt" errichtet. Sie nahm die Bevölkerung aus Holthusen auf. Die entvölkerten Dörfer fielen wüst. Die Fluren wurden teilweise aufgegeben oder von den Ackerbürgern in der Stadt weiter bewirtschaftet.

Befestigungsanlage der Stadt

Die "Neustadt" wurde zusammen mit der "Altstadt" 1383 durch eine Stadtmauer mit 10 Türmen und 4 Toren umgeben und in die 4 Bauernschaften: Thy-, Königstraßer, Ostheimer und Hanekamper sowie in die Meierschaften: Ostheimer, Südheimer, Flechtheimer, Sepeker, Holthuser und Modexer eingeteilt.

Zusätzliche Vorwerke verhinderten, dass die Stadt, durch die zwei sich hier kreuzenden Handelswege  führten, umgangen und damit der fällige Zoll oder der dortige Markt gemieden werden konnte.

Modexer Turm
Modexer Turm

Modexer Turm

Der Turm ist Teil der mittelalterlichen Befestigungsanlage von Brakel, der sogenannten Landwehr, die in einiger Entfernung zur eigentlichen Stadtbefestigung (Wall, Graben und Stadtmauer) gelegen waren. Diese vorgelagerten Türme mit 2-3 Etagen waren mit Wächtern besetzt. Sobald die Vorposten einen Feind erspähten, schlossen sie die schweren Schlagbäume, zogen sich in das Innere des Turms zurück und gaben den Türmern der Stadt in der Nacht durch Feuer, am Tag durch Fahnen ein Zeichen, dass Gefahr im Anzug sei. Der Modexer Turm wird erstmals 1383 in einer Urkunde der Stadt Brakel in Zusammenhang mit einem Grundstückverkauf genannt.

Rathaus
Rathaus

Aufstieg und Blüte

Brakel verdankt die Zeit seiner Blüte im 13./14. Jahrhundert zum guten Teil den neun Zünften, besonders der Gerber und Schuster.

Bürgermeister und alter und neuer Rat der Stadt Brakel genehmigen den Schuhmachern und Lohgerbern (lohern) eine freie Hanse und Gilde entsprechend den andern Ämtern und Gilden und verleihen folgende Privilegien:

  • Niemand darf das Handwerk des Schuhmachers oder Lohgerbers ausüben, ehe er das Bürgerrecht erhalten hat.
  • Tritt ein Fremder in die Gilde ein, gibt er dem Rate einen und der Gilde 5 Taler und ein Pfund Wachs; Bürger und Bürgerssöhne geben nur die Hälfte, Söhne von Gildegenossen haben freien Eintritt, Töchter geben das halbe Eintrittsgeld; wer die Tochter eines Gildegenossen heiratet, gibt nur die Hälfte, (weil er als schon halb zur Gilde gehörig gilt).
  • Streitigkeiten bei den jährlichen Zusammenkünften zu Pfingsten kann die Gilde selbst schlichten.
  • Niemand darf, außer auf den üblichen und etwaigen noch vom Landesfürsten bewilligten freien Märkten, gegen die Gilde Waren feil bieten.
  • Die Witwe eines Gildegenossen kann das Handwerk weiterführen; heiratet sie einen Schumacher oder Lohgerber, soll dieser nur die Hälfte der Eintrittsgebühr bezahlen.
  • Niemand darf Schuhe machen oder Leder kaufen, der nicht dazu geschickt ist und in das Amt aufgenommen ist; der Rat wird sich für niemand einsetzen, der nicht tüchtig ist, der Fall des Reineke Schulten, der auf Bitten des Rates außerhalb des Amtes Schuhe machen darf, soll sich nicht wiederholen.

Quelle: Stadtarchiv

In Westfalen kannte die Quellensprache für Zünfte in der Regel „Gilde(n)“.

Mitglied der Hanse

Brakeler Rolandsäule
Brakeler Rolandsäule

Die politische und kirchliche Stellung der Stadt in ihrer Funktion als Archidiakonat für das Bistum Paderborn sowie der Pilgertourismus über den Helweg in Richtung Paderborn (Liborius) sowie Corvey (St. Vitus) und zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela waren darüber hinaus Auslöser für Reichtum und Wohlstand.

Bischof Simon II, Graf von Sternberg verlieh Brakel 1385 die sog. Marktgerechtigkeit (Brakel war zu der Zeit nach Paderborn mit Warburg bedeutendste Stadt im Hochstift).

Als Prinzipalstadt der Hansestadt Paderborn wurde Brakel Mitglied der Hanse.

Insbesondere im 13. und 14. Jahrhundert hatte sich der Handel in Brakel bis in die Hansestädte des Ostseeraumes entwickelt. Auf diese hansischen Beziehungen verweisen Brakeler Münzen im Ostseeraum.